4. April 2024

Die Zukunft von Wasserstoff aus der Perspektive eines Netzbetreibers

Das Wasserstoffkernnetz und seine Potenziale für MSE

Waren (Müritz)/Demmin, 04.04.2024: Am 03.04.2024 fand die bereits neunte digitale Veranstaltung der etablierten Reihe #MSEwasserstoff der Wirtschaftsförderung Mecklenburgische Seenplatte GmbH (WMSE) statt. Rund 50 zugeschaltete Interessenten folgten den Ausführungen der vier Referenten aus Politik, Versorgern und Unternehmen zum Thema „Das Wasserstoffkernnetz und seine Potenziale für MSE“.

Peter Krüger vom Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit M-V stellte einleitend die geplanten zwei Stufen der Entwicklung eines Wasserstoff-Kernnetzes für Deutschland vor. Das am 08.01.2024 abgeschlossene Konsultationsverfahren unter Einbeziehung von Fernleitungsnetzbetreibern und Betreibern von Leitungsinfrastrukturen soll dabei den Genehmigungsprozess des H2-Kernnetzes vorbereiten und eine zeitnahe Genehmigung nach finaler Antragstellung bis 21.05.024 begünstigen.

 

Zweijährige Netzentwicklungsplanung für Erdgas und Wasserstoff

Auf dem H2-Kernnetz mit einer geplanten Länge von 9.700 km – 60 % davon umgestellte Erdgas-Netze – und avisierten Kosten von mehr als 20 Milliarden Euro baut die zweite Stufe mit einer zweijährigen turnusmäßigen Netzentwicklungsplanung für Erdgas und Wasserstoff auf.

Diese stellt die erforderlichen rechtlichen und regulatorischen Rahmen für ein flächendeckendes, engmaschiges Wasserstoff-Transportnetz. In einer gemeinsamen Abfrage über die Infrastrukturbedarfe von Strom und Wasserstoff setzten Übertragungsnetzbetreiber und Fernnetzbetreiber im ersten Quartal 2024 zudem einen Meilenstein für die erforderliche Sektorenkopplung. „Anders als bei der stets separaten Entwicklung von Gas- und Stromnetzen wollen wir es bei Wasserstoff gleich richtig machen und alle Beteiligten einbeziehen“, resümierte Krüger seine Ausführungen.

 

Wasserstoff für private Haushalte?

Zukunft und Nutzungsebenen von Wasserstoff aus der Perspektive eines Netzbetreibers zeigte Volker Höfs von der Hansegas GmbH auf. Der Gasnetzbetreiber in M-V und Brandenburg mit mehr als 6.000 km Gasleitung und rund 63.500 Abnehmern, sieht das geplante H2-Kernnetz vor allem relevant für die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien. Für private Haushalte kommt Wasserstoff laut Hansegas aus Effizienz- und Kostengründen ausdrücklich nicht in Frage.

Dafür setzt das Unternehmen auf den Anschluss von Elektrolysestandorten und die Nutzung der, bei der Elektrolyse entstehenden, Abwärme als neue Ressource der Wärmeversorgung. In diese Prozesse wird, so Volker Höfs, Hansegas langfristig und zukunftsorientiert investieren.
In der aktuellen Planung führt das H2-Kernnetz nicht durch MSE.

 

Wasserstoff-Pipeline für das Gewerbegebiet

Umso spannender sind Initiativen wie die des Amtes Treptower Tollensewinkel mit den Kommunen Altentreptow, Friedland, Neubrandenburg und Trollenhagen, die Projektentwicklerin Anne Harnack, vorstellte. Mit Unterstützung des Regionalen Planungsverbandes und der WMSE treiben diese derzeit die Umplanung bestehender und die Planung neuer Gewerbegebiete als grüne Gewerbegebiete voran.

Unterstützt von Partnern wie der Komesker Energiesysteme GmbH oder der EDF Deutschland GmbH ist das ambitionierte Projekt aktive Standortentwicklung mit Fokus auf die Etablierung einer Wasserstoffwirtschaft als Indikator für eine nachhaltige Energieversorgung, für ökologisches Wirtschaften, die Steigerung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftskraft, die Erschließung neuer Wirtschaftsbereiche, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Fachkräftegewinnung in MSE. Dafür plant der kommunale Zusammenschluss gemeinsam mit Wirtschaft und Politik ab 2025 den Bau einer Wasserstoff-Pipeline Oberes Tollensegebiet. Diese soll mit Gesamtinvestitionen von ca. 30 Millionen EUR über insgesamt 53 km an die H2-Pipeline Flow angeschlossen werden, die von Lubmin nach Olbernhaus führt. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie zur geplanten H2-Pipeline hat der Regionale Planungsverband MSE am 31.01.2024 positiv entschieden. Die Ergebnisse sollen Ende 2024 vorliegen.

 

Start im Jahr 2026

Eines der fortschrittlichsten Projekte zur Erzeugung von grünem Wasserstoff weltweit präsentierte Philipp Ballin, Projektmanager der HH2E AG. Mit Produktionsstart 2026 plant das Unternehmen in Lubmin eine Wasserstofferzeugung und -speicherung für bis zu 1 GW bis 2030. In der ersten Produktionsphase sollen hier bis zu 7.200 t grüner Wasserstoff pro Jahr erzeugt werden. Die infrastrukturellen Voraussetzungen sind mit der vorhandenen H2-Infrastruktur zur Verteilung und für den Import und mit ausreichend erneuerbarer Energie z.B. aus den Offshore-Windparks gegeben. Auch hier betonte Ballin, dass trotz noch fehlender Leitungskapazitäten eine Belieferung mit Wasserstoff auch nach MSE machbar sei. Denn auch abseits der Pipeline-Strukturen plant HH2E Abfüllstationen und den Einsatz von Trailern und letztendlich auch die Installation von Produktionskapazitäten dicht am Abnehmer. Mit einer Nachfrage von jährlich bis zu drei Millionen Tonnen Wasserstoff bis 2030 sieht Ballin Deutschland als den größten Markt für grünen Wasserstoff in Europa.

Dies griff Sabine Lauffer, Geschäftsführerin der WMSE, in ihrem Schlusswort auf und betonte nochmals die Notwendigkeit, in Sachen Wasserstoff von der Planung ins Handeln zu kommen.

„Dass und wie dies gehen kann, belegen die Projektvorträge der aktuellen #MSEwasserstoff.“ Für die sich die WMSE-Geschäftsführerin bei den Referenten und bei den Teilnehmenden bedankte. Gleichzeitig wies sie auf die anstehende zehnte Ausgabe der #MSEwasserstoff hin.

„Diese findet am 12.09.2024 im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Neustrelitz statt und versteht sich mit namhaften Gästen und Referenten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft als Ausblick auf bereits Realisiertes und Geplantes, auf Chancen und Möglichkeiten der Wasserstoff-Technologie in M-V und MSE.“


Weitere Meldungen



7. November 2024


Das könnte Sie auch interessieren


Pflanzen gedeihen gut in mit Nährstoffen angereichertem Wasser: Beim hydroponischen Salatanbau in Nutrient Film Technique (NFT) werden die Wurzeln in wasserdichten Kanälen von einem flachen Wasserstrom mit wichtigen gelösten Nährstoffen umspült.

Das Ende der Nahrungskette ist der Neuanfang

Die Einwohnerzahlen der Städte wachsen und die Versorgung mit Agrarprodukten wird zunehmend zur Herausforderung. Neuartige Agrarsysteme werden notwendig. In einem Verbundprojekt geht das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik... mehr lesen