Wie kann man vorhandene Speichertechnologien weiterentwickeln?
Energiespeicher sind jeweils für einen spezifischen Einsatzbereich optimiert, darauf muss man Rücksicht nehmen
Gerhard Stryi-Hipp vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg ist der Überzeugung, dass das Energie Speichern die Energiekosten erhöht. Deshalb müsste zusätzlich zum Speicherausbau das Gesamtenergiesystem so umgebaut werden, dass der Speicherbedarf auf ein Minimum reduziert werden könne. Hierzu müssten auf der einen Seite die verfügbaren erneuerbaren Energiequellen so kombiniert werden, dass die Erzeugung im Jahresverlauf möglichst gut mit dem Verbrauch übereinstimmt und auf der anderen Seite sollte – soweit möglich – der Energiebedarf der Erzeugung angepasst werden
Vor dem Speichern steht der Aus- und Umbau des Energiesystems
Gerhard Stryi-Hipp: „Die einzelnen Speichertechnologien müssen weiterentwickelt werden.“
„Bevor es um die Zukunft geht, ist festzustellen, warum die erneuerbaren Energien bislang nur in geringem Umfang gespeichert werden. Die Antwort lautet: weil eine umfangreichere Speicherung nicht notwendig war. Im Jahr 2023 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung in Deutschland 53 Prozent, wobei die Windenergie 27 Prozent und die Solarenergie 12 Prozent ausmachten. 39 Prozent fluktuierende Stromerzeugung konnte also bei hoher Versorgungssicherheit vom Stromsystem aufgenommen werden, trotz einer geringen Stromspeicherkapazität. Warum benötigen wir aber künftig Speicher? Deutschland will bis zum Jahr 2035 eine klimaneutrale Stromversorgung erreichen. Der Anteil der Biomasse und der Wasserkraft kann hierfür nur noch sehr begrenzt erhöht werden. Solar- und Windenergie weisen dagegen große Potenziale auf und werden deshalb den Hauptteil des Ausbaus tragen. Somit wird sich der Anteil an fluktuierenden erneuerbaren Energien auf über 80 Prozent mehr als verdoppeln. Die fossilen Kraftwerke werden die Schwankungen von Solar- und Windstrom immer weniger ausgleichen, da ihr Anteil im Gegenzug kontinuierlich schwindet. Mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien steigt somit in den nächsten Jahren der Bedarf an Speicherlösungen schnell und stark an.
Erneuerbare Energien künftig besser speichern heißt zuerst, die Speichertechnologie zu verbessern. Konkret müssen die Kosten weiter reduziert und die Leistungsfähigkeit der Speicher verbessert werden, also die Speicherdichte, die Lebensdauer und die Zyklenzahl erhöht und die Verluste beim Be- und Entladen reduziert werden. Daran arbeiten Industrie und Wissenschaft. Besser speichern bedeutet aber auch, dass die jeweils beste Speichertechnologie für den jeweiligen Bedarf eingesetzt wird und dass Energie nur dann gespeichert wird, wenn dies nicht vermieden werden kann.
Energiespeicher sind jeweils für einen spezifischen Einsatzbereich optimiert. So sind Lithium-Ionen-Stromspeicher heute dominierend in Elektrofahrzeugen sowie bei Hausbatterien in Kombination mit PV-Anlagen. Ihre Vorteile sind vor allem eine hohe Energiedichte, eine hohe Zyklenzahl und geringe Alterungserscheinungen. Damit sind sie prädestiniert für den Ausgleich der Tag-Nacht-Schwankung der Solarstrahlung. Mit der steigenden Nachfrage und aufgrund von Forschung und Entwicklung konnten in den letzten Jahren große technologische Fortschritte erzielt werden, so sind deren Kosten zwischen 2013 und 2022 um 80 Prozent gesunken, und bis zum Jahr 2028 wird eine weitere Reduktion um 32 Prozent prognostiziert. Weitere Fortschritte sind bei der Reduktion des Materialeinsatzes und beim Ersatz von kritischen Materialien zu erwarten.
Auszubauen ist jedoch auch die Wärmespeicherung. Denkbar wäre es, die im Sommerhalbjahr verfügbare Sonnenenergie zu speichern, um damit den Heizwärmebedarf im Winter zu decken. Doch die Wärme saisonal in sehr großen Speichern vorzuhalten ist für die Mehrzahl der Gebäude und Städte zu aufwändig. Viel wirtschaftlicher ist es, im Winter vor allem den Windstrom zur Wärmeerzeugung mit Wärmepumpen zu nutzen. Insofern Wärmeenergie vorhanden ist, ist die Sektorenkopplung durch Speicherung von überschüssigem Windstrom in Wärmespeichern sinnvoll, da dies kostengünstiger ist als die Speicherung von Strom. Dabei kommen sowohl klassische Wassertanks und Untergrundspeicher als auch die Aktivierung von Bauteilen von Gebäuden zur Wärmespeicherung in Frage.
Auch in der Dunkelflaute ohne Wind und mit wenig Sonne muss die Stromerzeugung gesichert werden, im Extremfall über mehrere Wochen. Hierfür ist die Energiespeicherung in Form von Molekülen erforderlich, also in Form von Wasserstoff, Biogas und anderen grünen Gasen. Hierzu muss die Gasinfrastruktur umgebaut werden, wobei die vorhandenen Erdgasspeicher weiter genutzt werden können.
Energie speichern erhöht die Energiekosten. Deshalb muss zusätzlich zum Speicherausbau das Gesamtenergiesystem so umgebaut werden, dass der Speicherbedarf auf ein Minimum reduziert wird. Hierzu müssen erstens die verfügbaren erneuerbaren Energiequellen so kombiniert werden, dass die Erzeugung im Jahresverlauf möglichst gut mit dem Verbrauch übereinstimmt. Deshalb benötigen wir Solar- und Windkraftanlagen gleichermaßen. Zweitens sollte soweit möglich der Energiebedarf der Erzeugung angepasst werden, beispielsweise durch die gesteuerte Beladung von E-Fahrzeugen. Drittens sollten die Kosten der Speicherung minimiert werden durch Sektorenkopplung und viertens ist die Technologie zur Speicherung von grünen Gasen weiterzuentwickeln und eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen.
Erneuerbare Energien künftig besser speichern heißt deshalb sowohl die einzelnen Speichertechnologien weiterzuentwickeln, als auch das Energiesystem umzubauen, um eine optimale Nutzung dieser Speicher im System zu erreichen. So bleibt die Energieversorgung sicher und bezahlbar.“
Kontakt:
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE
Heidenhofstr. 2
79110 Freiburg
Tel.: +49 761 4588-0
Fax: +49 761 4588-9000
info@ise.fraunhofer.de
www.ise.fraunhofer.de
Weitere Statements zum Thema von:
– Simon Schlichenmaier, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
– Beatrice Schulz, Bundesverband Energiespeicher Systeme e.V.
– Michael Class, Leiter des Bereichs „Erzeugung und Portfolioentwicklung“ bei EnBW
Wir bedanken uns ganz herzlich dafür!
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Für den Klimwandel ist es wichtig, dass erneuerbare Energien zum Einsatz kommen.
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