Wie können Innenstädte wieder zu Treffpunkten und Orten des Austausches werden?
Innenstädten gebührt jetzt eine besondere Aufmerksamkeit, da sich mit der Pandemie ihre Bedeutung gewandelt hat
Sven Schulte ist Referent für Handel und Stadtentwicklung bei der IHK Düsseldorf, sowie Fachpolitischer Sprecher Handel, Stadtentwicklung und Stadtmarketing von IHK NRW. Er plädiert dafür, bei Planungen die Stadtzentren in den Fokus zu nehmen, denn dort sollte das Leben pulsieren.
Eine Stadt muss als Ganzes funktionieren – die Innenstadt ist ihre Herzkammer
Sven Schulte: „Weitsicht, Mut und der Blick über den Tellerrand sind gefragt.“
„Die Städte unterliegen einem umfassenden Wandel, getrieben von der Digitalisierung, dem Klimawandel, der Urbanisierung und veränderten Gesellschaftsstrukturen. Die Covid-Pandemie hat Entwicklungen beschleunigt. Dinge, die nicht vorstellbar waren, sind eingetreten. Vorauszusagen wie es weitergeht, wird schwieriger. Dennoch gibt es Merkmale, die die Stadt der Zukunft auszeichnen. So brauchen starke und produktive Städte eine vielfältige und robuste Wirtschaft. Sie sorgt für Stabilität und Wachstum und macht sie weniger anfällig für wirtschaftliche Schocks. Unerlässlich ist auch eine gut ausgebaute Infrastruktur. Effiziente Verkehrswege und ein funktionierendes öffentliches Verkehrssystem zahlen auf die Erreichbarkeit und Mobilität ein. Moderne Kommunikationsnetzwerke sind unverzichtbar für die Vernetzung und den Fortschritt. Eine hohe Lebensqualität, die sich durch kulturelle, soziale, Einkaufs- und Freizeitangebote sowie grüne Oasen auszeichnet, lockt und bindet Menschen. Schließlich spielt die Bildung eine zentrale Rolle für Innovation und kreative Lösungen.
Eine Bühne, an der sich die Zukunftsfähigkeit einer Stadt messen lässt, ist ihre City. Das Zentrum ist die Herzkammer des Organismusses Stadt. Es versorgt die Bewohner einerseits mit allem Notwendigen. Andererseits ist die Innenstadt Treffpunkt und Ort des Austausches. Ihr gebührt eine besondere Aufmerksamkeit, da ihre Rolle nicht unumstößlich ist. So setzt ein Strukturwandel der bisherigen Leitbranche der Innenstädte zu: Der Onlinehandel verlagert bislang stationär getätigte Umsätze und stellt das „Shoppen“ als Besuchsmotiv infrage. Zugleich nehmen durch neue Arbeitswelten Passantenfrequenzen ab, da das Homeoffice in den Fokus rückt. Die Nachwirkungen der Pandemie, die Energiekrise und die Inflation trüben zudem die Konsumstimmung. Letztlich steht die Rolle der Innenstädte auf dem Prüfstand.
Deren Entwicklung ist somit neu zu denken. Es ist nicht länger allein der Handel, der ein attraktives Zentrum auszeichnet. In den Fokus rücken verstärkt Qualitäten wie ein neuer Nutzungsmix, die Lebens- und Aufenthaltsqualität oder Veranstaltungen.
Ein neuer Nutzugsmix verlangt – neben dem Einzelhandel – nach neuen Frequenzbringern. Verstärkte Rufe nach Gastronomie, Kreativwirtschaft oder Handwerk klingen nachvollziehbar, fordern aber heraus. Gerade in den 1A-Lagen können sich viele Branchen die aufgerufenen Mieten nicht leisten. Es braucht neue Lösungen, wie die lange vernachlässigte Kooperation mit Immobilieneigentümerinnen und -eigentümern. In Hamburg zeigt die Arbeit zahlreicher Business Improvement Districts, wie dies gelingen kann. Auch brachfallende Großimmobilien bieten Potenzial für Innovation. Mutige Ansätze gibt es, etwa in Bochum. Dort strebt die Stadt mit dem „Haus des Wissens“ eine Mischnutzung an und setzt unter anderem auf Bildung in zentraler Lage.
Stärker in den Fokus rückt auch die Aufenthaltsqualität. Besucher erwarten attraktive, atmosphärisch und klimatisch angenehme – auch konsumfreie – Räume. Es geht um Begrünung, Wasser in der City, schattige Plätze oder Veranstaltungen. Der Blick über den Tellerrand hilft auch hier: Die Stadt Wien etabliert nachhaltig Grün in der City. In Düsseldorf locken attraktive temporäre Attraktionen wie ein Riesenrad oder eine Eisbahn Menschen aus nah und fern.
Dies sind nur einige Aspekte, die die Stadt der Zukunft ausmachen. Um diesen in der Realität Platz zu schaffen, bedarf es allerdings Strukturen, vor allem einer Allianz aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Stadtgesellschaft. Wie dies gelingen kann, hat die IHK Düsseldorf in ihrem Strategieprozess „Stadt der Zukunft“ mit ihren Mitgliedsunternehmen ausgelotet. Im Ergebnis kamen viele konkrete Ideen zutage. Eine weitere Erkenntnis: Ein Patenrezept für die „Produktive Innenstadt“ gibt es aufgrund individueller Rahmenbedingungen jedoch nicht. Sehr wohl aber gibt es Grundvoraussetzungen: eine gemeinsame Willensbekundung, Mut und Entscheidungsfreude.“
Interessenten können mehr über das IHK-Projekt auf folgender Internetseite erfahren:
www.ihk.de/duesseldorf/standort/stadtentwicklung/stadt-der-zukunft-5167318
Kontakt:
Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf
Ernst-Schneider-Platz 1
40212 Düsseldorf
Tel.: +49 211 3557-0
Fax: +49 211 3557-400
kundencenter@duesseldorf.ihk.de
www.ihk.de/duesseldorf
Weitere Statements zum Thema von:
– Dr. Saskia Goldberg, Projektleiterin im Bereich Stadtentwicklung bei der imakomm
– Hubert Aiwanger, stellvertr. Ministerpräsident u. Bayer. Staatsminister f. Wirtschaft, Landesentw. u. Energ.
Wir bedanken uns ganz herzlich dafür!
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